Seit fünf Jahren veranstaltet der Meininger Verlag den Sommelier Summit, eine Symposiumsdiskussion mit Winzern und Sommeliers aus Deutschland, der Schweiz und Österreich. Die Themen sind stets interessant, brisant und informativ. Es findet ein reger Austausch zwischen allen Teilnehmern statt! Es gibt keine ähnliche Plattform, die uns Sommeliers alle an einen Tisch holt und den ganzen Tag die volle Aufmerksamkeit fordert.
Dieses Mal mit dem Zug unterwegs, traf ich die ersten „Somms“ erfreulicherweise schon beim Umsteigen in Mannheim. Wie es sich zu einem solchen Spontantreffen gehört, haben wir erst einmal eine kleine Blindverkostung gemacht. Es gab „Berg Roseneck Riesling von Breuer – Rheingau aus dem Jahr 2002. Ein toller Wein, der viel Spaß macht, typische Rheingausäure gepaart mit weißem Pfirsich aufweist, jedoch nicht so opulent wie der „Berg Schlossberg“ ist. Kurzum: Genau das richtige für die Zugfahrt.
Abends war ich mit Andreas Schumann vom Weingut Odinstal in Wachenheim verabredet. Die Weine haben wir seit ein paar Jahren auf der Karte und sie sind wirklich nicht mehr wegzudenken. Das Weingut verfügt über ca. 5 ha, wobei die Lage Wachenheimer Odinstal nicht auf dem Etikett auftaucht, da das Weingut schon so heißt. Die Weine sind nach den geographischen Gegebenheiten betitelt. Basalt, Muschelkalk, Buntsandstein. Die einfache Linie nennt sich 350 NN. Andreas baut Riesling, Weißburgunder, Auxerrois und Silvaner an – das ganze Weingut ist biodynamisch bewirtschaftet, was er sehr genau nimmt. Die Mittel für den Weinberg produziert er fast ausschließlich selber aus Kräutern etc, die um den Weinberg herum wachsen. Vor dem Keller sind zwei Tonamphoren in die Erde eingebuddelt: in der einen baut er Riesling, in der anderen Sylvaner aus, allerdings komplett natural – ohne Schwefel. Die Weine sind sehr straff, und haben großes Reifepotential, dieses Mal haben wir aus jedem Jahr in dem Andreas selber schon im Weingut ist, einen Wein getrunken, also aus den Jahren von 2004 bis 2016.
Zurück im Hotel treffen sich alle Teilnehmer noch einmal in der Hotelbar, fast überflüssig zu erwähnen, dass dieses Treffen immer dazu führt, dass am nächsten Morgen vor der ersten Diskussion alle Kollegen etwas durchhängen. Das erste Thema um 10:30 uhr war “Spätlese”. Ein sehr gutes Thema, denn wer hat schon Spätlese auf der Uhr? Man trinkt entweder Kabinett oder, etwas süßer, die Auslese – aber Spätlese? Ich habe in letzter Zeit einige gute Exemplare getrunken: 2004er „Himmelreich Spätlese“ von Prüm und 2004er „Scharzhofberg Spätlese“ von Egon Müller. Spätlese bis dato also sozusagen als „Solitär“, doch aktiv zum Menü im Restaurant? Da arbeite ich zum Dessert lieber mit Auslesen und begleitend zu Sylter Royal Austern gerne mit Kabinett. Aber es ist schon gut, uns Sommeliers die Spätlese wieder näher zu bringen.
Besonders gut fand ich den 2015er „Saarburger Rausch Grosse Lage“ von Zilliken, in der Nase feine Zitrusnoten und nasser Stein, im Mund sehr elegant, feingliedrig, mineralisch, vibrierend, gutes Süße-Säure-Spiel, die Zitrusnoten bleiben im Nachhall. Dazu könnte man hervorragend unser Morsumer Apfeldessert essen, mit Heidehonig und Roggen.
2004er „Sonnenuhr“ Spätlese von J.J.Prüm – als Pendant zum „Himmelreich“ welchen ich vor ein paar Wochen getrunken habe. In der Nase ist deutlich der Kellerapfel zu riechen, so typisch der Wein im Mund sehr ausgewogen mit seinen 60g Restzucker ist, im Vergleich zum „Himmelreich“ ist die „Sonnenuhr“ immer etwas kräftiger und süßer. Trotzdem ist der Wein sehr saftig, so, als ob man in einen saftigen, knackigen Janagold-Apfel beißen würde und der Saft fast aus den Mundwinkeln läuft.
1992er „Wülfen Riesling Spätlese“ von HJ Becker aus dem Rheingau und 1986er „Maximin Grünhäuser Abtsberg Spätlese“ von Carl von Schubert – Ruwer. Der „Wülfen“ wirkte mit seinen 33g Restzucker sehr trocken, in der Nase hatte er kandierte Früchte, fast wie Karamell oder Toffee. Die Weine von HJ Becker brauchen einfach Zeit – man darf sie nicht zu jung trinken, da sie so ein riesiges Lagerpotential haben und sich über die Zeit als Langstreckenläufer entpuppen. Der „Abtsberg“ genauso. In der Nase war er apfelig, krautig, Estragon-ähnlich, fast schon ätherisch, im Mund wirkte er dezent süß und sehr ausgewogen.
Das nächste interessante Thema war der Wiener Gemischter Satz. Gemischten Satz gibt es schon seit es Weinbau gibt und bezeichnet einen Weingarten, in dem viele verschiedene Sorten wachsen, die zeitgleich geerntet und gekeltert werden. Da die Rebsorten unterschiedliche Stärken und Schwächen haben – einige sind anfälliger für Fäulnis, andere sind gegen Nässe resistenter – konnten die Bauern in schlechten Jahren einem Ernteausfall entgegenwirken und es war eine Art Versicherung, dass sie Wein verkaufen konnten. Also kann man gar nicht sagen, daß die Wiener den gemischten Satz erfunden haben, denn er ist traditionell sehr weit verbreitet. Ein „Wiener Gemischter Satz DAC“ darf nur diesen Titel tragen, wenn er mindestens aus drei Rebsorten besteht und keine Trübstoffe enthält.